33,3 % – ab dem 14. Oktober große Keilerei
„333 bei Issos große Keilerei“ An diese hilfreiche Eselsbrücke für das Datum der berühmten Schlacht zwischen den Truppen von Alexander dem Großen und denen des persischen Königs Dareios denke ich, wenn ich die aktuellen öffentlichen und halböffentlichen Einlassungen des CSU-Vorsitzenden zu den jüngsten Umfragen für die anstehende Bayern-Wahl nachlese. Dabei geht es nicht um das Jahr 333 v. Chr. sondern eher um 33,3 Prozent also ein – Drittel der bayerischen Wählerstimmen. Das könnte das verheerende Wahlergebnis für die einst erfolgsverwöhnte CSU am kommenden Wochenende sein, wenn die Demoskopen recht behalten.
Wird es bei diesem Wahlergebnis am kommenden Sonntag und den folgenden Tagen eine „große Keilerei“ zwischen Horst Seehofer und Markus Söder geben? Wer hat dann die bessere Taktik und die stärkeren Bataillone? Und wird das Wahlergebnis überhaupt so schlimm für die CSU werden? Diese Fragen beflügeln derzeit die Fantasie aller politisch Interessierten. Um sich Antworten anzunähern reichen zwei einfache Schritte aus. Erstens die genaue Lektüre der Äußerungen des CSU-Vorsitzenden und des amtierenden Ministerpräsidenten sowie zweitens ein paar persönliche Beobachtungen aus dem aktuellen Straßenwahlkampf.
Wäre es nicht so befremdlich, wie Horst Seehofer versucht sich seiner politischen Verantwortung als Parteivorsitzender der CSU zu entziehen, müsste man über seine jüngsten öffentlichen Äußerungen eigentlich grinsen – so ein ausgebuffter Kerl! Am Freitag der vergangenen Woche zitiert ihn die Süddeutschen Zeitung, wonach ihn selbstverständlich keine Schuld an einem eventuellen Wahldebakel treffe. Schließlich sei dies die Wahl zum Bayerischen Landtag bei der es um bayerische Themen und Kandidaten gehe und er nicht zur Wahl stehe. Und überhaupt frage er, ob die Fragesteller schon ein einziges Wahlplakat mit seinem Konterfei gesehen hätten. Die Conclusio lautet: Der CSU-Vorsitzende habe mit der Landtagswahl und ihrem Ausgang eigentlich rein gar nichts zu tun.
In der Sonntagsausgabe der Welt behauptet er zwei Tage später, er beschäftige sich nicht damit, ob in der CSU über seine Schuld am derzeitigen Stimmungstief geredet werde. Wahrscheinlich hätte der legendäre CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß dies maliziös als „contradictio in eo ipso“ – als Widerspruch in sich selbst bezeichnet.
Auch weitere Aussagen Horst Seehofers zum wahlkampffiebrigen Geschehen in Bayern verheißen wenig Gutes für die Tage nach dem 14. Oktober. Der Hinweis ist deutlich. Er sei auf jeden Fall bis zum „Herbst nächsten Jahres“ als Parteivorsitzender gewählt. Das heißt im Klartext, Seehofer wird seinen Kritikern und Gegnern das Feld nicht kampflos überlassen. Die ungeschriebene Regel, wonach CSU-Vorsitzende nach schlechten Wahlergebnissen ihr Amt niederlegen, wie einst Theo Waigel bei der Bundestagswahl 1998 nach einem CSU-Ergebnis von knapp unter 50 Prozent und Erwin Huber mit 43 Prozent bei der Landtagswahl 2008, will er nicht für sich gelten lassen. Für seine Partei kündigt sich damit ein quälend langer Prozess einer Neuordnung an, bei dem für alle Beteiligten nur tiefe Verletzungen zurückbleiben können.
Derzeit versuchen sich der CSU-Vorsitzende und der bayerische Ministerpräsident im Intensivkuscheln auf offener Bühne, um jeden Anschein von Streit ins Land der Sagen zu verweisen. Es ist die letzte Chance, um die Wähler, die sich noch nicht entschieden haben, wieder auf die Seite der CSU zu ziehen. Ob das klappt und der Konflikt nach dem Wahlabend ausbleibt, sei dahingestellt?
Wer wie ich zu den Pflastertretern der Partei gehört, die auf der Straße – sprich am Informationsstand – das Gespräch mit den Wählerinnen und Wählern sucht, hat in den vergangenen Wochen eine interessante Erfahrung machen dürfen. Dominierten bisher Häme und Hohn die Reaktionen der Passanten, hörte ich am vergangenen Samstag erste erschrockene Stimmen. Das mit den 33 Prozent gehe nun doch zu weit, man wolle noch einmal darüber nachdenken, ob man der CSU nicht doch trotz Seehofer die Stimme geben werde. Ob die Wähler frei nach Willy Brandt ihr „Herz über die Hürde werfen“und in der Abgeschiedenheit der Wahlkabine nach dem Motto „Augen zu – CSU“ handeln werden, bleibt offen. Manchmal stammt das Licht am Ende des Tunnels bekanntlich von den Scheinwerfern des entgegenkommenden Zuges.