Das Positive im Negativen
„Es hängt nicht immer nur auf eine Seite! „, meinte mein guter, leider viel zu früh verstorbener Freund und Börsen-Lehrmeister Paul Berwein in solchen Finanzmarktsituationen, wie wir sie momentan erleben. Der Präsident der freien Börsenmakler Deutschlands beschrieb damit die schlichte Tatsache, dass es an der Börse auch in Zeiten großer Verluste und großer Verlierer Gewinner gibt – so wie jetzt in der so genannten Staatschuldenkrise, die aktuell die Euro-Länder kräftig beutelt.
Während Teile der Politik vor allem in Deutschland darüber diskutieren, ob und wie Griechenland aus dem Euro aussteigen soll (oder besser nicht). Kann sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eigentlich behaglich zurücklehnen. Denn Deutschland einig Angstland ist der Krisengewinner schlechthin. Entgegen der landläufigen Meinung hat die Krise uns bisher keinen einzigen Euro gekostet. Im Gegenteil! Selbst die EZB macht mit ihrer Aufkauf- und Interventionspolitik Kasse. Sie kauft die festverzinslichen Papiere der Wackelstaaten nur mit Preisabschlägen und ist so renditetechnisch auf der Gewinnerseite und damit auch die Anteilseigner der Europäischen Zentralbank. Dazu zählt bekanntlich auch die Bundesrepublik. Das würde sich erst im Fall der Staatsinsovlenz ändern, die jetzt vor allem vom deutschen Wirtschaftsminister ins Gespräch gebracht wird.
Auch für unsere deutschen Staatschulden ist die maue Performance anderer Euro-Staaten bisher ein gutes Geschäft. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble muss derzeit auf den Finanzmärkten nur 0,3 Prozent Rendite für einjährige Staatsanleihen anbieten. Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit kosten den Finanzminister nur 1,7 Prozent. Zum Vergleich: Die Geschäftsbanken bieten derzeit rund 1,75 Prozent für das Tagesgeld ihrer Kunden. Diese mageren Zinszeiten bedeuten für den Staatshaushalt, dass die Zinsen auf unsere Schulden sinken. Dieser Haushaltsposten wird zur Zeit entlastet. Bei allem Gejammer über die teuere Solidarität der Euro-Staaten – es gibt das Positive im Negativen. Es hängt eben nicht immer nur auf eine Seite.