Stopp-Schild für die EZB
Die Aktienkurse und der Eurokurs sausten in den Keller als die Nachricht vom Rücktritt Jürgen Starks die Runde machte. Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank hat hingeschmissen. Sein Rückzug auf dem Höhepunkt der Eurokrise ist nicht irgendeine Personalie. Stark hat damit ein großes Stopp-Schild aufgestellt. Die „persönlichen Gründe „, die von der EZB in der Pressemeldung für seinen Rücktritt angegeben wurden, sind für jeden nachvollziehbar, der Jürgen Stark kennt. Als enger Mitarbeiter von Theo Waigel und Helmut Kohl hatte er maßgeblich die so genannten Maastricht-Kriterien ausgearbeitet, die das deutsche Modell der stabilen D-Mark auf Europa übertragen sollte. Seit 1998 musste er erleben, wie die Stabilitätskultur von Waigel und Kohl Stück für Stück verwässert wurde.
Die Aufweichung dieser Stabilitätskriterien zu Zeiten von Rot-Grün war der Sündenfall, der den Weg zur aktuellen Eurokrise ebnete. Dass die EZB sich nun entgegen ihrem engeren Ziel der Inflationsbekämpfung zur Politik der Aufkäufe und Intervention entschloss, war von Jürgen Stark mit großer Sorge begleitet worden. Aus Loyalität trug er diese Linie bis zur Selbstverleugnung mit. Nach der neuen Offensive der EZB, die in milliardenschweren Aufkäufen portugiesischer und italienischer Staatsanleihen gipfelte, sah Stark wohl keinen anderen Ausweg aus seinem persönlichen Dilemma, als auf Titel, Amt und Dienstwagen zu verzichten.
Der Rücktritt sorgte an den ohnehin hypernervösen Finanzmärkten für neue Aufregung. Sie verstanden ihn als Warnsignal. Auch die Bundesregierung sollte es wahrnehmen. Es geht um mehr als die Nachbesetzung eines Postens. Es geht um die Wiederherstellung der Euro-Stabilität.