Über den Umgang mit Populisten
Horst Seehofers „lockerer Spruch“ über 69 abgeschobene Afghanen an seinem 69. Geburtstag zu bewerten, von denen sich einer tragischer Weise nach seiner Ankunft in Kabul erhängte, ist überflüssig. Ein Hinweis auf die Kommentarlage soll genügen. Wer den CSU-Vorsitzenden kennt, weiß, dass er mitunter bereit ist selbst langjährige Freundschaften aufs Spiel zu setzen, wenn er zu einer seiner „witzigen“ Bemerkungen zu Lasten Dritter ausholt. Frei nach dem Motto: Humor ist, wenn man sie trotzdem macht.
In einem großen Interview am vergangenen Sonntag meinte der CSU-Vorsitzende mit Blick auf die AfD: Diese Protestpartei verschwinde, wenn das Problem gelöst sei! Das beschreibt kurz und knapp das Ziel seiner Strategie in der Flüchtlingspolitik. Übersetzt bedeutet das: Man muss die politischen Koordinaten der CSU nur weit genug nach Mitte-Rechts schieben, um die politische Welt wieder in Ordnung zu bringen.
Vor ein paar Tagen traf ich mich zu einem Gedankenaustausch mit einem guten Freund. Er erzählte mir einigermaßen schockiert von einem Treffen mit einem Kreis von Medizinern bei dem die Rhetorik und das Gedanken-gut(?) der AfD locker durch den Raum trabte. Widerspruch unerwünscht und zwecklos. Die drei H, Hass, Häme und Hetze, hätten die Diskussion beherrscht und das bei „gebildeten Leuten“, die bestimmt nicht zu den Verlierern in unserer Gesellschaft zählen. Womit er eine der Triebfedern des aktuellen Rechtspopulismus zutreffend beschrieb.
Es geht in der aktuellen Krise unseres politischen Diskurses nämlich gar nicht um reale Ängste, sondern um die gefühlte Angst Opfer von Überfremdung und Islamisierung zu werden. Dieses Gefühl ist eine der Quellen für die virtuelle, weil nur gefühlte Ohnmacht der Anhänger der neuen Rechten. Deshalb eint sie das Bestreben es „denen da oben“ einmal richtig zu zeigen. Psychologen nennen das die Selbst-Viktimisierung – vereinfacht das ständige Gefühl Opfer zu sein. Das geht Hand in Hand mit der Selbst-Heroisierung der rechten Akteure. Nur so ist der Erfolg der AfD unter anderem in einigen Gegenden Niederbayerns erklärlich, das sich in den vergangenen Jahren zu einer klassischen Gewinnerregion mit Arbeitslosenzahlen an der Schwelle zur Vollbeschäftigung entwickelt hat.
Sind Diskussionen mit Rechtspopulisten also sinnlos? Muss die Politik also einfach nur liefern, um sie ruhig zu stellen? Ideologien haben die unangenehme Eigenschaft, dass ihre Anhänger ungeachtet aller anderen Fakten im sicheren Gefühl leben, die einzige Wahrheit zu besitzen. Wer versucht die eigene Ideologie dagegen zu setzen, scheitert genauso, wie der, der meint die Ideologie und ihre Forderungen einfach nur bedienen zu müssen. Verfestigte Denkschemata lassen sich dadurch nicht aufbrechen. Vielleicht bieten unsere demokratischen Wurzeln in der Antike und ihre Denker einen Lösungsansatz. Sokrates, der Lehrer Platons, pflegte eine Art philosophischer Praxis, indem er seine Mitmenschen auf der Straße ansprach und ihnen Fragen stellte. Sie dienten ihm – aber auch den Gefragten – dazu neue Gedanken zu entwickeln. Meistens gelang es ihm sogar bei seinem Gegenüber das zu erschüttern, was er bis dahin für die absolute Wahrheit hielt.
Ein Gedanke zu „Über den Umgang mit Populisten“
Leider fallen mir nicht die richtig passenden Fragen ein, die Sokrates unseren heutigen Mitmenschen vielleicht stellen würde, es wäre ein Versuch wert. 😉