Wo Rauch ist …..
Ehrlich gesagt, war ich ziemlich überrascht, welch großes Echo mein Blog auslöste, als ich ihn nach einigen Jahren am vergangenen Sonntag wieder „in Betrieb“ nahm. Offenbar – und das freut mich – habe ich das angesprochen, was einige Menschen in und außerhalb der CSU umtreibt. Der Beitrag wurde in anderen Medien zitiert. Ich wurde interviewt, weil ich es „gewagt“ habe dem Führungspersonal meiner Partei öffentlich zu widersprechen. Lustiger Weise wurde ich dadurch zum „Urgestein der CSU“ befördert. Die Parteifreunde, die sich über meine Kritik nicht gefreut haben, mögen sich damit trösten, dass der Begriff „Urgestein“ etwas Dinohaftes hat. Allerdings zeigen mir die vielen aufmunternden Kommentare von langjährigen Parteifreunden, dass wir im Gegensatz zu den Sauriern nicht ausgestorben sind.
Theo Waigel, von 1988 bis 1999 Vorsitzender und jetzt Ehrenvorsitzender der CSU, hat in einem bemerkenswerten Beitrag für den MÜNCHNER MERKUR vor einer weiteren Eskalation im Streit zwischen CSU und CDU gewarnt. Ein Bruch des Bündnisses wäre fatal und könnte Deutschland in eine Situation wie in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bringen. Die Frage ist nur, ob Horst Seehofer, Markus Söder und Alexander Dobrindt noch auf ihn hören wollen.
Liest man das aktuelle Interview des Landesgruppenvorsitzenden, die Ausführungen des Ministerpräsidenten zu seinem 100-Tage-im-Amt-Jubiläum ist viel von Weggabelung und Fragezeichen die Rede, die hinter die Schicksalsgemeinschaft von CDU und CSU gesetzt werden, und wenig bis nichts von der Suche nach einem für alle Beteiligten tragbaren Kompromiss in der Frage, ob Deutschland einen nationalen Alleingang in der Flüchtlingspolitik macht oder nach einer europäischen Lösung sucht. Dazu zählt auch das trotzige Seehofer-Interview in der Passauer Neuen Presse, dass mehr nach Kampfansage klingt als nach Versöhnung mit Angela Merkel.
Robert Habeck, der Vorsitzende der Grünen, berichtete dieser Tage, CSU-Bundestagsabgeordnete hätten ihm erklärt, dass es nicht darum gehe, ob und wie die Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen ablaufe, sondern darum die Bundeskanzlerin zu stürzen. Nun könnte man das als parteitaktisches Manöver des Ober-Grünen abtun. Doch die Zeichen für die Richtigkeit seiner Aussage mehren sich. Die Augsburger Allgemeine zitierte jetzt den bayerischen Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer mit dem Ausspruch „Merkel muss weg!“, den er im „vertrauten Kreis“ am Rand einer Veranstaltung tat. Kurz: Es hängt viel Rauch in der Luft und man muss wohl davon ausgehen, dass ein Feuer brennt.
Kommt es zum Bruch der beiden Unionsschwestern, sollte sich die CSU nicht allzu sehr an den prognostizierten bundesweiten Stimmergebnissen berauschen. Die Folge des Auseinanderbrechens der großen bürgerlichen Union wäre eine weitere Zersplitterung unserer Parteienlandschaft.
Als Franz Josef Strauß 1976 überlegte, ob die Ausdehnung der CSU auf das gesamte Bundesgebiet als „vierte Partei“ erfolgversprechend sei, entsprang dieser Gedanke nicht zuletzt auch seinem Frust über die Starrheit des damals herrschenden Drei-Parteien-Systems aus CDU/CSU, SPD und FDP. Heute stellen fünf Parteien Fraktionen im Bundestag. Die Parteienlandschaft hat sich grundlegend verändert. Das zähe und lähmende Hin und Her bei der Suche nach einer Regierungskoalition nach den Bundestagswahlen im vergangenen Herbst, hat bewiesen, wie schwer es schon aus Gründen der Arithmetik wird Bündnisse zu schmieden. Die Trennung von CSU und CDU würde diese Situation weiter verschlechtern, in der die so genannten großen Parteien nur noch Stimmanteile zwischen 7 und 20 Prozent erreichen können. Das Ende der Volksparteien wäre damit besiegelt und damit auch das Ende unserer Konsensgesellschaft, einem der wichtigsten Standortfaktoren Deutschlands . Ein Hauch von Weimar weht durch unser Land!
4 Gedanken zu „Wo Rauch ist …..“
Peter,
eine Anmerkung zu Deinem Beitrag, dessen Meinung ich hundertprozentig teile. Was Seehofer, Söder und Dobrindt da veranstalten und mit „dem Recht wieder Geltung verschaffen“ begründen, ist eigentlich nur: Sie zündeln an einem Strohfeuer, das das Zeug hat, zu einem Flächenbrand auszuarten. Tatsächlich sind wirkliche Grenzkontrollen kaum effektiv durchzuführen. Sie senden bestenfalls ein Signal an die Startpunkte der Flüchtlinge, dass es nicht mehr so einfach ist, hierherzukommen. Wenn das aber stimmt, warum ist die Kanzlerin über dieses Stöckchen gehüpft, anstatt es im Sande verlaufen zu lassen oder den Streit der SPD zu überlassen? Warum haben die beiden anderen Koalitionspartner mit der CSU nicht eine Debatte mit dem Ziel einer Evaluation des Masterplans in einem Jahr geführt? Dann hätte die CSU ihren Wahlwillen gehabt, und Seehofer, dem ich mittlerweile persönliche Rachemotive unterstelle, wäre zumindest in dieser Sache ins Leere gelaufen. Und nach der Wahl hätte man den Masterplan anpassen können. Ich verstehe nicht, warum das so eskalieren muss. Sollen die doch im Englischen Garten oder im Tiergarten ein Duell austragen, statt die Axt an Europa und die Demokratie zu legen.
Lieber Sir Peter, ein herzliches Dankeschön aus dem Rheinland nach München! Ja, es weht ein Hauch von Weimar durch unser Land. Normalerweise lehne ich solche historischen Vergleiche ab, aber was wir im Moment erleben – die Sehnsucht nach dem großen Knall –, ist einfach nicht mehr normal. Wut macht blind, Angst macht dumm. Nach dem erhofften „Ende mit Schrecken“ ist der „Schrecken ohne Ende“ bestimmt nicht vorbei; vielmehr geht er in eine neue, noch destruktivere Runde.
Hallo Herr Hausmann,
ich fand die Aussage “dem Recht wieder Geltung verschaffen” besonders belustigend. Was haben sich die Granden der CSU nach der Sylvesternacht von Köln erregt und postuliert, dass dies in Bayern nie passieren würde.
Leider doch und zwar jedes Jahr und zwar Ende September und Anfang Oktober in München. Doch da nennt man das dann Oktoberfest und Tradition!!! Meine Tochter und ihre Freundinnen gehen da kaum noch hin, das sie keine Lust mehr auf die sexuellen Belästigungen haben, die auch , oh Schreck, von den „guten deutschen Männern“ begangen werden.
Aber da verdient man ja viel Geld und dann ist das natürlich etwas anderes. Wahrheit hat eben immer mehrere Seiten.
Sehr geehrter Herr Hausmann,
es gibt sicherlich eine Menge kopfschüttelnder Menschen in der CSU, die gerne mehr Eleganz und Intelligenz hätten. Die ständige Katastrophe, der Untergang – was soll den das? Herr Orban ist genauso wenig mein politischer Held wie Putin oder Erdogan. Langsam geht es in Richtung Menschenverachtung statt konstruktiver Ansätze. Migration löst Probleme aus, die Probleme lösen sich nicht mit dem Wunsch geschlossener Grenzen. Das sind politische Ansätze für schlichte Gemüter, die sich in sozialen Medien verausgaben. Ich komme mir da für blöd verkauft vor. Mehrheit sind doch nicht die Schreie der besonders fanatischen AfD-Anhänger. Die CSU ist auf dem Weg sich ausschließlich mit der AfD um Wähler zu streiten.